Ihn kennen sie alle: Sowohl in Kirchheim als auch den Nachbarorten gibt es kaum einen, der nicht durch seine Schule gegangen wäre: „Der Karl“, wie sie ihn nennen, ist nur ein Jahr nach der Gründung 1952 als Jugendlicher dem Turnverein beigetreten. Dort hat Karl Kraus, der vor kurzem seinen 80. Geburtstag gefeiert hat, das Turnen von Vereinsgründer Emil Großmann, einem sudetendeutschen Heimatvertriebenen und exzellenten Turner, erlernt. 1970 war er einer der ersten in der Region, die in Würzburg einen Übungsleiterlehrgang besucht haben. Über die Turner zum Fußball Wann er genau damit angefangen hat, den Jungen und Mädchen das Turnen beizubringen, weiß er nicht mehr. Bis heute trainiert er zweimal in der Woche die Leistungsgruppe der Jungen und Mädchen und bereitet sie auf Wettkämpfe vor wie Gaukinderturnfest, Bayern-Pokal oder Deutsches Turnfest. Neben dem Turnverein gab es zuvor in Kirchheim nur die Fußballer. Da die Turner sich aber auch sogar der Kleinkinder ab drei Jahren annahmen, war es unter den Kindern und Jugendlichen lange üblich, zunächst den Turnverein zu besuchen und dann in den Fußballverein zu wechseln. „In dieser Zeit hatten wir hervorragende Fußballer“, erinnert sich Kraus. Natürlich gab es auch schwere Zeiten: So etwa als der Verein nach Schließung des privaten Saalbaus „Schrauts Garten“ ruhte und die Geräte in einer Scheune eingemottet waren. Als es 1969 mit der Einweihung der neue Turnhalle wieder losging, war die Freude groß. Besonders als er in der achtziger Jahren einige Zeit auch das Amt des Vorsitzenden ausfüllte, hatte Kraus jedoch einen Zeitplan, der an einen Manager erinnert: Am Freitag kaum aus Frankfurt von der Baustelle zurückgekehrt, erwartete ihn schon seine Frau mit den Terminen und Anrufen. Das Amt hatte er vom Vereinsgründer Emil Großmann übernommen, der schwer krank war und wenig später starb: „Der Turnverein war sein Lebenswerk“, erzählt Kraus. „Ich habe mich verpflichtet gefühlt, seine Arbeit fortzuführen.“ Das macht er bis heute, hat jedoch auch bereits zwei junge Erwachsene aus der von ihm noch 2015 gegründeten Leistungsgruppe für Jungen ausgeguckt, die ihn ablösen könnten. Mit Markus Theiner oder Thilo Heilmann hat er unentbehrliche Stützen, die bald den Übungsleiter-Schein machen sollen. Ein schriller Pfiff mit den Fingern genügt Obwohl gut 25 Kinder zu den Abendkursen kommen, braucht es nicht viel, um den wuseligen Nachwuchs im Zaum zu halten: Ein schriller Pfiff mit den Fingern genügt Kraus, um sich Aufmerksamkeit in der Halle zu verschaffen. Wenige Kommandos wie ein zackiges „Hopp, hopp“ oder ein ironisches „Die Geräte werden kalt“ bewirken ein Übriges. Beim Aufwärmen gehört es zum festen Programm, dass der noch immer durchtrainiert wirkende Senior selbst die Liegestützen selber vorführt. Was manch einem Mit-Zwanziger Schwierigkeiten bereitet, sieht bei Kraus mühelos, beinahe spielerisch aus. Bis vor kurzem hat er noch selber an Wettbewerben teilgenommen und regelmäßig Lehrgänge besucht, um den Übungsleiterschein zu verlängern. Kraus ist stolz auf seine Jungs: „Der Sechskampf im Turnen ist eine der schwersten Disziplinen im Sport“, findet er: Neben Reck und Barren gehören auch Ringe dazu. Eines bereitet ihm jedoch Sorgen: Die Jugendlichen haben immer weniger Zeit. Er bedauert, wie schwierig es heute geworden sei, junge Menschen, von denen die Schule immer mehr fordert, dafür zu gewinnen, dass sie Verantwortung in den Vereinen übernehmen. Unentbehrlicher Helfer Karl Kraus ist nicht nur aktiver Turner: Bei Veranstaltungen und Festen ist er ein unentbehrlicher Helfer, der sich auch für den Auf- und Abbau oder die Planung nicht zu schade ist. Auch ist er als Nikolaus, als Erzähler fränkischer Mundart „Geschichtle“, die er irgendwo aufgeschnappt hat, im Seniorenclub und beim Federweißenabend oder als passionierter Sänger im Kirchenchor oder im Männergesangverein, im Fotoclub oder bei den Schützen und, und, und . . . Ein echter Vereinsmensch eben.
Quelle: http://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/Seele-Sportler-im-Bereich-Turnsport-Turnvereine;art736,9762952
© Main-Post 2017
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